Der Verdacht auf eine chronische myeloische Leukämie (CML) kommt häufig zufällig im Rahmen einer Blutuntersuchung auf, die aus anderen Gründen angeordnet wurde. Eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen ist häufig das erste Indiz.1 Zu diesem Zeitpunkt haben viele Betroffene keine oder kaum Beschwerden, die auf eine Blutkrebserkrankung hindeuten würden. Um eine CML sicher zu diagnostizieren und von anderen Formen der Leukämie abzugrenzen, sind im Anschluss eine Reihe von Untersuchungen notwendig.2
Inhaltsverzeichnis:
Novartis
Die MPN-Patient*innentage: Mit anderen Betroffenen austauschen
Sie möchten weitere Informationen zur chronischen myeloischen Leukämie erhalten? Auf den MPN-Patient*innentagen haben Sie die Möglichkeit, an laienverständlichen Vorträgen von medizinischen Fachleuten über die Erkrankung teilzunehmen. Zudem können Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen. Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit der CML, hier finden Sie weitere Informationen:
iStock-931734770
Erste Untersuchungen bei Verdacht auf CML
Besteht der Verdacht auf eine CML, zum Beispiel aufgrund eines auffälligen Blutbildes bei einer Routineuntersuchung, schließt sich eine Reihe von Untersuchungen an, um den Verdacht zu bestätigen oder eine CML auszuschließen.
Zu Beginn erfolgt die sogenannte Anamnese, bei der die Ärztin oder der Arzt den Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten in einem ausführlichen Gespräch erfasst. Mögliche Symptome wie Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit oder Oberbauchschmerzen sollten zur Sprache kommen. In vielen Fällen liegen jedoch in der Frühphase der Erkrankung noch keine merklichen Beschwerden vor.2,3
Zusätzlich erfolgt eine erste körperliche Untersuchung, bei der die Ärztin oder der Arzt unter anderem die Größe der Milz oder der Leber ertastet. Insbesondere die Vergrößerung der Milz ist ein häufiges und oftmals das einzige Symptom in der chronischen Phase der CML.2,3 Unterstützend kann auch eine Ultraschalluntersuchung Aufschluss über mögliche Größenveränderungen von Leber und Milz liefern.
Blutuntersuchungen bei Verdacht auf CML
Neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung wird der Patientin oder dem Patienten Blut entnommen, das anschließend im Labor untersucht wird. Auf diese Weise lässt sich die Anzahl der drei verschiedenen Blutzelltypen (Blutplättchen, rote und weiße Blutkörperchen) ermitteln.4
Charakteristischerweise ist die Anzahl der weißen Blutkörperchen bei Menschen mit CML erheblich erhöht. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einer Leukozytose. Je nachdem, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist, kann auch die Anzahl der roten Blutkörperchen und/oder der Blutplättchen verändert sein.4
Im Rahmen eines Differenzialblutbildes werden zudem die weißen Blutkörperchen in die verschiedenen Typen unterteilt und für sich betrachtet. Die Granulozyten, eine bestimmte Unterform der weißen Blutkörperchen, sind von besonderem Interesse, da von ihnen die CML ausgeht.2
Unter dem Mikroskop lassen sich Größe und Form der Blutzellen beurteilen und etwaige Veränderungen erkennen. Dabei stellen Fachleute auch fest, ob unreife Vorstufen der weißen Blutkörperchen im Blut zu finden sind, sogenannte Blasten. Sie befinden sich normalerweise nur im Knochenmark. Wenn sie im Blut vorhanden sind, deutet das auf eine bestehende Leukämie hin.1,4
Welche Untersuchungen werden zur Diagnose der CML durchgeführt?
Knochenmarkuntersuchung bei CML
Deuten die Voruntersuchungen sowie das Blutbild auf eine CML hin, folgt eine Analyse des Knochenmarks. Das Knochenmark füllt das Innere aller größeren Knochen aus und besteht überwiegend aus Blutstammzellen, die für die Neubildung von Blutzellen verantwortlich sind.
Um das Knochenmark auf Leukämiezellen zu untersuchen, entnimmt die Ärztin oder der Arzt etwas Knochenmark mithilfe einer Hohlnadel. Für gewöhnlich erfolgt dieses Prozedere am Beckenknochen nach örtlicher Betäubung. Es werden in der Regel zwei Proben entnommen: zum einen ein flüssiges sogenanntes Knochenmarkaspirat, das durch Ansaugen gewonnen wird. Zum anderen erfolgt eine Knochenmarkbiopsie, bei der ein kleines Stück Knochenmark ausgestanzt wird.1
Fachleute untersuchen die Knochenmarkproben anschließend im Labor unter Einsatz bestimmter Diagnoseverfahren. Nur so kann eine CML gesichert nachgewiesen oder ausgeschlossen werden.
Novartis
Gesicherte Diagnose der CML durch Analyse des Knochenmarks
Die zuvor gewonnenen Knochenmarkproben werden mikroskopisch untersucht, um Informationen zur Anzahl und zum Reifungsgrad der Blutzellen zu erhalten. Der Anteil unreifer Blutzellen (Blasten) liefert Aufschluss über eine möglicherweise vorhandene Leukämie.2,5 Dieses Vorgehen bezeichnen Ärztinnen und Ärzte als zytomorphologische Diagnostik.
Darüber hinaus erfolgt eine zytogenetische Untersuchung der Knochenmarkproben. Dabei analysieren Fachleute das Erbgut in den Knochenmarkzellen – die sogenannte DNA. Die DNA wiederum liegt in bestimmten Strukturen vor – fachsprachlich als Chromosomen bezeichnet.
Besteht der Verdacht auf eine CML, halten Ärztinnen und Ärzte Ausschau nach dem sogenannten Philadelphia-Chromosom. Diese Genveränderung (Mutation) entsteht dadurch, dass zwischen zwei Chromosomen (Chromosom 9 und Chromosom 22) jeweils ein Stück ausgetauscht wird. Sie lässt sich im Rahmen der zytogenetischen Analyse nachweisen und ist charakteristisch für die CML.1
Novartis
Zusätzlich gilt es als gesicherter Nachweis einer CML, wenn das BCR-ABL1-Fusionsgen vorhanden ist. Dabei handelt es sich um einen Abschnitt der DNA, der auf dem Philadelphia-Chromosom zu finden ist. Die Labormethode, mit der sich das BCR-ABL1-Gen nachweisen lässt, ist die Polymerase-Kettenreaktion – kurz PCR. Da sich das BCR-ABL1-Gen nur in den Leukämiezellen befindet, eignet sich dieses Verfahren gut, um die Menge an erkrankten Zellen zu ermitteln.2,5
Novartis
Der Nachweis des Philadelphia-Chromosoms beziehungsweise des BCR-ABL1-Fusionsgens und eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen im Blut bestätigen zusammen mit weiteren charakteristischen Blut- und Knochenmarkbefunden die Diagnose chronische myeloische Leukämie.1 In den allermeisten Fällen erfolgt die Diagnose in der langsam voranschreitenden chronischen Phase der Erkrankung. Ist die CML jedoch bereits in die Blastenphase fortgeschritten, sind die Symptome und das Blutbild kaum von einer akuten Leukämie zu unterscheiden. Der Nachweis des Philadelphia-Chromosoms beziehungsweise des entsprechenden BCR-ABL1-Fusionsgens grenzt die Blastenphase der chronischen myeloischen Leukämie von einer akuten myeloischen Leukämie ab.5
CML vs. AML: Unterschiede im Detail
Die verschiedenen Diagnoseverfahren dienen nicht nur dem gesicherten Nachweis der CML, sondern grenzen die Erkrankung auch von anderen Formen der Leukämie ab – so wie der AML. Sowohl bei der CML als auch bei der AML handelt es sich um eine Form von Blutkrebs. Während CML für chronische myeloische Leukämie steht, ist AML die Kurzform für akute myeloische Leukämie. Leukämie bedeutet, dass die weißen Blutkörperchen betroffen sind.
Beide Erkrankungen haben gemeinsam, dass sie von myeloischen Vorläuferzellen ausgehen. Das sind die Blutstammzellen im Knochenmark, aus denen die Granulozyten reifen. Granulozyten wiederum sind eine Unterform der weißen Blutkörperchen. Infolge von Veränderungen im Erbgut können diese Blutzellen entarten und sich daraufhin unkontrolliert teilen – es entsteht Blutkrebs.6
Die Zusätze „akute“ und „chronische“ beziehen sich auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Erkrankung. Grundsätzlich gilt: Je schneller sich die Leukämiezellen im Körper ausbreiten, desto schneller schreitet die Erkrankung voran. Akute Leukämien wie die AML breiten sich rasch im Körper aus. Chronische Leukämien wie die CML hingegen entstehen vergleichsweise langsam und schreiten nur in mäßiger Geschwindigkeit voran.6,7
Auch die Veränderungen im Erbgut, die für die Entstehung der Leukämie verantwortlich sind, unterscheiden sich zwischen CML und AML. Während die CML nahezu immer auf das Philadelphia-Chromosom zurückgeht, sind die genetischen Ursachen der AML deutlich vielseitiger.7
Verlaufskontrolle bei CML
Bestimmte Verfahren, die zum Nachweis der CML eingesetzt werden, finden auch im weiteren Verlauf der Erkrankung nach gesicherter Diagnose weiterhin Anwendung. Sie dienen der Verlaufskontrolle und unterstützen dabei, das Therapieansprechen zu bewerten.
Der BCR-ABL1-Wert dient als Maß für das Therapieansprechen: Mittels PCR wird er in regelmäßigen Abständen bestimmt, um den Verlauf der CML zu beobachten. Da nur die Leukämiezellen das BCR-ABL1-Gen enthalten, dient der entsprechende Wert als Maß für die Menge entarteter Zellen: Je höher der BCR-ABL1-Wert ist, desto mehr Leukämiezellen sind im Blut der Patientin oder des Patienten enthalten.
Das Ziel der CML-Therapie ist es, die Anzahl der Leukämiezellen zu reduzieren, also den BCR-ABL1-Wert auf ein möglichst niedriges Niveau zu senken und dort langfristig zu halten. Die Abstände zwischen den Untersuchungen sind zu Beginn der Therapie kürzer und werden dann je nach Erkrankungsverlauf immer länger. In der Regel findet die Untersuchung alle drei bis sechs Monate statt.2
Novartis
Den BCR-ABL1-Wert verstehen
Der BCR-ABL1-Wert ist der zentrale Parameter, um den Erfolg der Therapie bei einer CML zu messen und den Erkrankungsverlauf zu beurteilen. In diesem Dokument finden Sie weiterführende Informationen, die Ihnen dabei helfen, den BCR-ABL1-Wert und seine Bedeutung zu verstehen.
Passende Themen zum Weiterlesen:
iStock-931734770
MPN-Patiententage
Sie leben mit einer myeloproliferativen Neoplasie? Auf den MPN-Patiententagen können Sie sich mit Fachleuten und anderen Betroffenen austauschen.
iStock-1431397857_monkeybusinessimages
CML-Therapie
Für die Therapie der CML stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei kann die Behandlung verschiedene Ziele haben.
iStock-1313927273_Pekic
CML-Ursachen
Hier erfahren Betroffene und Angehörige mehr zu den genetischen Veränderungen, die der chronischen myeloischen Leukämie (CML) ursächlich zugrunde liegen.
Quellen:
- Patientenfreundliche Zusammenfassung der Empfehlungen des European LeukemiaNet (2020) für die Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie – veröffentlicht von CML Advocates Network. https://www.leukaemie-online.de/38-cml/1361-elnpatientenfreundlich (letzter Aufruf am 24.07.2024)
- Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe (DLH): Chronische myeloische Leukämie – Ratgeber für Patienten. Stand: August 2021. https://www.leukaemie-hilfe.de/fileadmin/user_upload/dlh-broschueren/dlh-broschuere-CML-2021.pdf (letzter Aufruf am 24.07.2024)