Sind Sie an Polycythaemia vera (PV) oder Myelofibrose (MF) erkrankt, ist das ein Einschnitt in Ihr bisheriges Leben. Die Belastungen und Umstellungen werden auch für nahestehende Menschen spürbar.
Das Umfeld sollte im ersten Schritt über die Erkrankung informiert sein. So lässt sich Missverständnissen und falschen Schlüssen vorbeugen, beispielsweise wenn Sie nicht mehr in gewohntem Umfang Zeit für andere Personen haben. Beschreiben Sie vertrauten Menschen Ihre Krankheit und gegebenenfalls ebenso die Einschränkungen und Belastungen, die Sie gerade erleben.
Auf dieser Seite erhalten Sie Informationen zu folgenden Themen:

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Die MPN-Patient*innentage: Mit anderen Betroffenen austauschen
Sie möchten weitere Informationen zur chronischen myeloischen Leukämie (CML) erhalten? Auf den MPN-Patient*innentagen haben Sie die Möglichkeit, an laienverständlichen Vorträgen von medizinischen Fachleuten über die Erkrankung teilzunehmen, und können mit anderen Betroffenen in den Austausch kommen. Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit der CML. Hier finden Sie weitere Informationen:

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Kommunikation ist das A und O
Die Forschung zeigt: Eine lebhafte Kommunikation sowie persönliche und emotionale Nähe können sich stabilisierend auf familiäre Beziehungen auswirken.1 Auch bei optimaler Gesundheit kommen die Kommunikation und emotionale Nähe im hektischen Alltag aber manchmal zu kurz. Für PV- und MF-Betroffene ist das eine noch größere Herausforderung, sind die persönliche Belastbarkeit und Ressourcen bei diesen Erkrankungen doch oftmals eingeschränkt. Wie also können Betroffene ihre Beziehungen stärken, auf Augenhöhe kommunizieren und ihre Bedürfnisse aussprechen, ohne dass es zu Missverständnissen kommt?
Kommunikation am Beispiel der Gewaltfreien Kommunikation (GfK)
Die GfK ist eine Art der Kommunikation, die zu mehr Vertrauen, Klarheit und Freude in Gesprächen verhelfen soll. Sie kann im Alltag und bei der Konfliktlösung im persönlichen und beruflichen Bereich hilfreich sein. Im Vordergrund steht die Entwicklung einer wertschätzenden Beziehung, die langfristig eine stärkere Kooperation ermöglicht.2
Die GfK basiert auf vier grundlegenden Schritten:
- Beobachtung: Beschreiben Sie die Situation, Handlung oder das Geschehen so genau wie möglich, ohne zu werten oder zu beurteilen.
- Gefühl: Benennen Sie die eigenen Gefühle.
- Bedürfnis: Teilen Sie mit, welches Bedürfnis hinter den Gefühlen steckt.
- Bitte/Wunsch: Formulieren Sie einen möglichst konkreten und konstruktiven Wunsch für eine ähnliche Situation in der Zukunft.

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Wichtig ist, dass alle Schritte als Ich-Botschaften formuliert sind. Ein Beispiel könnte sein:
„Ich habe vorhin meine Idee vorgetragen und du hast mit den Augen gerollt. Dadurch habe ich mich verunsichert gefühlt. Ich wünsche mir ein offenes und ehrliches Feedback. Könntest du mich in Zukunft aussprechen lassen und dann deine Gedanken äußern?“3
Hilfe annehmen und Grenzen setzen
Vielleicht werden die Menschen aus Ihrem Umfeld Sie aktiv in Ihrem Alltag unterstützen wollen. Doch es ist nicht immer leicht, einen Wunsch nach Hilfe auszusprechen und diese dann auch anzunehmen. Scheuen Sie sich nicht, auf Hilfsangebote einzugehen, sei es im Haushalt, bei Besorgungen oder einfach durch ein Gespräch. Eine wertvolle Unterstützung kann es auch sein, wenn Angehörige Sie zum Arztgespräch begleiten. Diese Form der Entlastung kann Ihnen bei der Bewältigung Ihres Alltags behilflich sein.
Sie müssen jedoch nicht alle Angebote zur Unterstützung annehmen, wenn es Ihnen zu viel wird oder Sie sich bevormundet fühlen. Nicht immer sind Ratschläge willkommen. Sagen Sie ehrlich, wenn Sie einmal nicht über die Erkrankung sprechen möchten oder den Wocheneinkauf selbst übernehmen möchten.
Wenn die Liebe leidet – Partnerschaft und Sexualität
Bei PV und MF können Symptome wie chronische Müdigkeit, Schmerzen und Nachtschweiß das Bedürfnis nach körperlicher Nähe beeinträchtigen. Teilen Sie Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner mit, wenn Sie sich körperlich unwohl fühlen und deshalb lieber für sich bleiben möchten.
Da eine zielgerichtete Therapie auch lindernd auf die Symptome wirken kann, kann sie die Sexualität positiv beeinflussen. Sexualität spielt eine wichtige Rolle in der Partnerschaft. Bei anhaltenden sexuellen Problemen ist ein Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sinnvoll, um die genauen Ursachen abzuklären und gegebenenfalls therapeutische Maßnahmen einzuleiten.

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Arzt-Patienten-Kommunikation
Die Kommunikation zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patient ist für Menschen mit einer chronischen Krankheit besonders wichtig. Anders als Menschen mit einer akuten Erkrankung benötigen sie eine kontinuierliche und umfassende Betreuung, die weit über die rein medizinische Behandlung hinausgeht. Bei chronischen Bluterkrankungen wie PV und MF ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Ärztin oder dem Arzt deshalb von besonderer Bedeutung. Denn sie oder er begleitet Sie voraussichtlich Ihr Leben lang. Je aktiver und vertrauensvoller Sie mit dem Behandlungsteam zusammenarbeiten und es über Ihr Befinden informieren, desto besser kann es Ihnen helfen.
Eine möglichst patientenzentrierte Kommunikation stellt die Bedürfnisse, Werte und Erwartungen der Betroffenen in den Mittelpunkt. Sie berücksichtigt die individuellen Erfahrungen und Einstellungen der Patientinnen und Patienten und ermöglicht eine maßgeschneiderte Gesundheitsversorgung. Studien zeigen, dass eine solche Kommunikation zu einer besseren Krankheitsbewältigung und einer höheren Lebensqualität führt.4
Konkret bedeutet das zum einen, dass Sie möglichst gut informiert werden sollten – und das so, dass die Informationen gut verstehen können. Eine umfassende Aufklärung über Ihre Erkrankung, die Therapiemöglichkeiten und das Therapieziel trägt dazu bei, dass Sie sich gut versorgt fühlen. Fragen Sie also ruhig nach, wenn Sie etwas wissen möchten oder nicht verstanden haben. Zum anderen zählen Ihre Gefühle und Wünsche. Teilen Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt mit, wie Sie sich fühlen und welche Sorgen Sie haben. Je besser Ihre Ärztin oder Ihr Arzt versteht, welche Wünsche oder Fragen Sie haben und was Sie beschäftigt, desto besser kann sie oder er auf Sie eingehen. Dies gilt insbesondere für Ihre Erfahrungen während der Therapie, beispielsweise mit neuen Beschwerden: Was Sie berichten, kann von Bedeutung für eine Therapieanpassung sein.

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Wie Sie das Arztgespräch mitgestalten können
Menschen haben unterschiedliche Kommunikationsbedürfnisse. Manche möchten sich nicht zu sehr mit Erklärungen beschäftigen, andere hingegen wollen es ganz genau wissen. Überprüfen Sie, ob die aktuelle Kommunikation mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt Ihrem persönlichen Informationsbedürfnis entspricht.
Wie umfassend wollen Sie informiert werden?
- Genügen Ihnen allgemeine Informationen zur Erkrankung und Behandlung?
- Wüssten Sie gern mehr über die Wirkweisen Ihrer Therapie?
- Haben Sie noch weitere Fragen?
Wie verstehen Sie medizinische Zusammenhänge am besten?
- Genügen Ihnen die Erklärungen der Ärztin oder des Arztes?
- Brauchen Sie noch etwas zum Nachlesen?
Wie soll bei mehr als einer Therapieoption entschieden werden?
- Wollen Sie die Entscheidung Ihrem Behandlungsteam überlassen?
- Möchten Sie an der Entscheidung beteiligt sein?
Was erwarten Sie sich von der aktuellen Therapie? Welches Therapieziel haben Sie?
- Wie sehen Ihre Erwartungen und Hoffnungen aus? Dies kann auch die Lebensqualität betreffen, wenn Sie zum Beispiel unter Symptomen wie chronischer Müdigkeit oder Juckreiz leiden.
Tipps für ein informatives Arztgespräch
Im turbulenten Alltag vergisst man leicht etwas – auch Wichtiges. Schreiben Sie deshalb Ihre Fragen auf und nehmen Sie die Liste zum nächsten Arzttermin mit. Eine der größten Herausforderungen in der Arzt-Patienten-Kommunikation ist die knappe Zeit: Ärztinnen und Ärzte haben oft wenig Zeit für ausführliche Gespräche, was zu Missverständnissen und Unzufriedenheit führen kann. Auch aus diesem Grund ist eine Liste mit Ihren Fragen sinnvoll.
- Notieren Sie, was Sie unbedingt zur Sprache bringen möchten, zum Beispiel Behandlungsmöglichkeiten, Symptome, die Sie beschäftigen, die Risiken der Erkrankung oder Rehabilitationsmaßnahmen.
- Haben Sie Fragen, die über das Medizinische hinausgehen, beispielsweise zu psychotherapeutischer Unterstützung, zu Selbsthilfegruppen in der Nähe oder zu praktischen Angelegenheiten wie einer Haushaltshilfe?
- Bringen Sie die Fragen in eine für Sie stimmige Reihenfolge. Setzen Sie die wichtigsten Punkte, die Sie auf jeden Fall im Gespräch klären wollen, an den Anfang. Fragen von geringerer Bedeutung kommen danach.
- Nehmen Sie bei Bedarf vorhandene Unterlagen mit. Besonders für das erste Gespräch mit einer neuen Ärztin oder einem neuen Arzt können bisherige Befunde, Untersuchungsergebnisse und Informationen über frühere Erkrankungen erforderlich sein.
- Wiederholen Sie die erhaltenen Informationen im Arztgespräch, um sicherzustellen, dass Sie alles richtig verstanden haben.
Kommunikation im Job
Vielleicht können Sie trotz PV oder MF weiterhin Ihrem Beruf nachgehen. Viele Patientinnen und Patienten schöpfen daraus Kraft – und die tägliche Arbeit lenkt sie von einer ständigen Beschäftigung mit der Krankheit ab. Möglicherweise ziehen Sie aber einen Rückzug aus Ihrem Beruf vor oder scheiden vorübergehend aus und kehren nach einer gewissen Zeit wieder in den Job zurück. Wie auch immer Sie sich entscheiden, an Ihrem Arbeitsplatz entsteht Informationsbedarf. Im Folgenden erhalten Sie einige Tipps zur Kommunikation mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen.
Was Ihre Vorgesetzten wissen müssen
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Sie Ihrem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen, dass Sie der Arbeit fernbleiben und wie lange Sie voraussichtlich fehlen werden.

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Die Ursache für Ihre Krankschreibung brauchen Sie dem Arbeitgeber jedoch nicht mitzuteilen, sie unterliegt dem Datenschutz.5
In manchen Fällen ist es aber sinnvoll, die Art der Erkrankung anzusprechen. Dann lässt sich Ihre individuelle Situation berücksichtigen, damit Sie problemlos Ihre Arzttermine wahrnehmen können und Ihr Arbeitspensum und Ihre Aufgabenbereiche an Ihre gesundheitliche Situation angepasst werden.
Ihre Kolleginnen und Kollegen informieren: Richtig dosieren
- Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie im Kollegenkreis über die Erkrankung sprechen. Überlegen Sie sich, mit wem Sie reden möchten und was genau Sie preisgeben wollen. So fällt Ihnen das Gespräch leichter.
- Überlegen Sie sich, welche Unterstützung oder Hilfestellung Sie sich von Ihren Kolleginnen und Kollegen erwünschen, und sprechen Sie das offen an. Dabei ist es Ihre Sache, wie viel Sie von sich erzählen möchten und wie viel Nähe Sie zulassen.
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miteinander reden
Eine chronische Blutkrankheit im engeren Umfeld ist ein sensibles Thema. Hier finden Sie Tipps für eine offene und rücksichtsvolle Kommunikation.

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Leben mit PV & MF – Lebensqualität
Bestimmte Maßnahmen können die Lebensqualität von PV- und MF-Betroffenen erheblich steigern. Hier finden Sie Tipps zu Bewegung, Ernährung und Hautpflege.
Quellen:
- Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg. Chronisch kranke Menschen und ihre Familien. Darstellung der Situation und ihrer Bewältigung am Beispiel Multiple Sklerose. https://www.ifb.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifb/materialien/mat_2001_1.pdf (letzter Aufruf am 17.10.2024).
- D-A-CH deutsch sprechender Gruppen für Gewaltfreie Kommunikation e. V. Was ist Gewaltfreie Kommunikation (GFK)? https://www.gfk-info.de/was-ist-gewaltfreie-kommunikation/ (letzter Aufruf am 17.10.2024)
- Stiftung Kinder forschen. Mit Gewaltfreier Kommunikation Konflikte reduzieren. https://integration.stiftung-kinder-forschen.de/themen/interkulturalitaet/gfk-ein-handlungskonzept-zur-gewaltfreien-kommunikation (letzter Aufruf am 17.10.2024)
- Farin E. Rehabilitation (Stuttg) 2010; 49(5): 277-291.
- Krebühl, P. Dtsch Arztebl 2008; 105(8): 107.