Inhaltsverzeichnis:
- GvHD als Komplikation nach Stammzelltransplantation
- Wie häufig ist GvHD bei Kindern und welche Formen gibt es?
- Symptomdokumentation
- Welche Symptome und Beschwerden können bei einer GvHD bei Kindern auftreten?
- Diagnose einer GvHD bei Kindern
- Behandlung einer GvHD bei Kindern
- Folgen einer Stammzelltransplantation und der GvHD
- Wichtig nach der Stammzelltransplantation: Impfungen
Bei Kindern sind – wie bei Erwachsenen – die akute und chronische Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung oder auch Graft-versus-Host-Disease oder Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) relevante Komplikationen nach einer Stammzelltransplantation. Die Graft-versus-Host-Erkrankung ist eine Reaktion von neu transplantierten Zellen auf den Körper der Empfängerin oder des Empfängers, der als fremd angesehen wird.1 Die Folgen sind zwar sehr unterschiedlich ausgeprägt, aber die Erkrankung stellt eine gängige Komplikation einer Stammzelltransplantation dar. Für Betroffene bedeutet sie neben der Belastung durch die Symptome und die Behandlung mitunter kräftezehrende Krankenhausaufenthalte und einen Ausstieg aus dem alltäglichen Leben.
Kinder erhalten aus verschiedenen Gründen eine Stammzelltransplantation, meist aufgrund einer akuten Leukämie, also einer bösartigen Vermehrung weißer Blutkörperchen.2

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Kinder stellen jedoch nur eine kleine Gruppe innerhalb der Stammzelltransplantationen dar: 2013 waren 13 Prozent der Betroffenen in den USA jünger als 21 Jahre.1 Stammzelltransplantationen bei Kindern machen weltweit gesehen nur etwa 30 Prozent aller Transplantationspatientinnen und -patienten aus.3
Dieser Artikel soll Sie als Eltern ausführlich über die Besonderheiten der Erkrankung bei Kindern informieren und Ihnen Orientierung in einer schweren Zeit bieten.
Krankheitsbild akute GvHD (aGvHD) bei Kindern
Eine akute GvHD ist eine häufige Komplikation nach einer Stammzelltransplantation, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Sie tritt in der Regel nach ein bis zwei Monaten nach der Transplantation auf und ist ein Angriff aller möglichen Spender-Immunzellen gegen das Körpergewebe des Empfängers oder der Empfängerin.1 Damit einhergehend werden viele Entzündungsbotenstoffe ausgeschüttet. Dies führt zu einer Kettenreaktion und letztlich zur Schädigung von Organen, besonders Haut, Darm und Leber.2,4
Bei Kindern tritt die aGvHD bei bis zu 50 Prozent aller Stammzelltransplantationen auf.5 Bei Erwachsenen ist diese Erkrankung häufiger als bei Kindern. Dafür gibt es mehrere Gründe: Bei Kindern wird häufiger Nabelschnurblut als Stammzellquelle verwendet als bei Erwachsenen, da dieses besser verträglich ist als Stammzellen aus Blut oder Knochenmark.

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Außerdem haben Kinder häufig einen besseren allgemeinen Gesundheitszustand als Erwachsene, und bei ihnen liegen vor der Behandlung seltener schwerwiegende Infektionen vor. Eine aGvHD tritt seltener auf, wenn bestimmte Oberflächenmerkmale der Spenderzellen denen der Empfängerzellen ähneln.1 Nur bei 20 Prozent der von aGvHD Betroffenen liegt ein moderater, schwerer oder lebensbedrohlicher Schweregrad vor.5
Krankheitsbild chronische GvHD (cGvHD) bei Kindern
Eine chronische GvHD ist nicht so häufig wie eine akute GvHD. Zwischen 6 und 33 Prozent der stammzelltransplantierten Kinder entwickeln eine solche Reaktion.5 Bei Erwachsenen hingegen kommt sie etwa bei der Hälfte aller Stammzelltransplantierten vor.3 Sie entsteht dann, wenn die vom Spender oder von der Spenderin übertragenen Zellen das Gewebe des Empfängers oder der Empfängerin nicht akzeptieren, der immunologische Anpassungsprozess also nicht erfolgreich verläuft. Die chronische GvHD kann sich entweder unmittelbar aus einer akuten GvHD heraus entwickeln, nach einer beschwerdefreien Phase im Anschluss an eine akute GvHD auftreten oder sogar ohne vorhergehende akute GvHD entstehen.4
Der größte Risikofaktor dafür, dass eine cGvHD entsteht, ist eine aGvHD. Je schwerwiegender eine aGvHD verläuft, desto schwerwiegender scheint auch die cGvHD zu verlaufen.1

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Außerdem sind auch der Ursprung der Stammzellen, die Gleichheit der Oberflächenmerkmale und das Alter Einflussfaktoren. Meist treten die Beschwerden einer cGvHD etwa sechs Monate nach der Stammzelltransplantation auf.1 Etwa 60 Prozent haben einen milden Schweregrad, der sich auf ein oder zwei Organe begrenzt, etwa die Leber und die Haut.1,6 Andere Organe, die betroffen sein können, sind der Magen-Darm-Trakt, die Lunge und die Augen.
Symptomdokumentation
Für Kinder und Jugendliche mit GvHD: Mit der Symptomdokumentation die Symptome im Blick behalten
Dokumentieren Sie neue oder sich ändernde Symptome in den Feldern und bringen Sie die Tabelle zu den Arztbesuchen mit. Bei der Verwendung der Liste bewerten Sie die Symptome Ihres Kindes auf einer Skala von 1 (geringstmöglicher Schweregrad) bis 10 (höchstmöglicher Schweregrad) und kreisen das emotionale Symbol ein, das dem allgemeinen Wohlbefinden Ihres Kindes am ehesten entspricht. Verwenden Sie das abgebildete Beispiel als Leitfaden zum Ausfüllen dieser Tabelle.

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Welche Symptome und Beschwerden können bei einer GvHD bei Kindern auftreten?
Symptome bei aGvHD
Bei der akuten Graft-versus-Host-Erkrankung sind Haut, Magen-Darm-Trakt und Leber betroffen. Das zeigt sich an einer Reihe unterschiedlicher Symptome.1
Haut-Symptome

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- Juckender, schmerzhafter Ausschlag
- Gerötete Flecken und Knötchen,
besonders an Rumpf und Extremitäten,
aber auch an Füßen und Händen - Blasenbildung, Ablösung der Haut
Magen-Darm-Symptome

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- Übelkeit, Erbrechen
- Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
- Bauchschmerzen
- Durchfall
Leber-Symptome

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- Gelbfärbung der Haut
- Erhöhte Leber-Blutwerte
Symptome bei cGvHD
Bei der chronischen Graft-versus-Host-Erkrankung bei Kindern können verschiedene Organe betroffen sein. Die Prozentzahlen geben an, bei wie vielen Fällen von GvHD die entsprechenden Organe beeinträchtigt sind:1
- Haut (65 bis 80 Prozent)
- Mundschleimhaut (50 Prozent)
- Leber (33 Prozent)
- Magen-Darm-Trakt (25 bis 60 Prozent)
- Lunge und Augen (selten)
Haut-Symptome

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- Depigmentierung, also weiße Hautstellen
- Vermehrte Einlagerung von Bindegewebe in die Haut
- Juckreiz
- Schuppender Hautausschlag
- Haarausfall
- Vernarbungen
- Nagelveränderungen
Symptome im Mund

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- Empfindlichkeit gegenüber Säure und Schärfe4
- Karies und Zahnfleischrückgang4
- Schmerzlose, gerötete Geschwüre an der Mundschleimhaut
Leber-Symptome

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- Gelbfärbung der Haut
- Erhöhte Leber-Blutwerte
Magen-Darm-Symptome

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- Schluckbeschwerden6
- Appetitlosigkeit4
- Übelkeit, Erbrechen4
- Durchfall4
- Gewichtsverlust4
- Bauchschmerzen6
Symptome beim Kind erkennen
In unserem Flyer erhalten Sie Tipps, auf welche Symptome der GvHD Sie bei Ihrem Kind achten sollten.

Zur Feststellung einer akuten GvHD ist in den meisten Fällen eine feingewebliche Untersuchung der betroffenen Organe nötig. Dazu werden Gewebeproben aus dem Magen-Darm-Trakt, der Haut und der Leber entnommen und untersucht. Im Anschluss wird der Schweregrad der Erkrankung bestimmt.7
Bei der chronischen GvHD steht eine ausführliche körperliche Untersuchung mit einer Beurteilung der betroffenen Organe an erster Stelle: Die Haut, die Mundschleimhaut und zum Beispiel die Augen werden genau untersucht. Ist die Leber betroffen, werden Laborwerte zur Beurteilung herangezogen. Ist der Magen-Darm-Trakt involviert, geht etwa auch ein Gewichtsverlust in die Beurteilung mit ein. Der Gesamtschweregrad ergibt sich nach den sogenannten NIH-Konsensus-Kriterien (NIH steht für National Institutes of Health und ist eine amerikanische Behörde, die sich vor allem mit medizinischer Forschung beschäftigt). Sind nur ein bis zwei Organe betroffen, liegt ein milder Schweregrad vor, sind mehr als zwei Organe betroffen, liegt je nach Ausprägung ein moderater oder schwerer Grad vor.6

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Behandlung einer GvHD bei Kindern
Wichtiger als die Behandlung einer akuten oder chronischen GvHD ist deren Vorbeugung. Dazu erhält jedes Kind, das eine Stammzelltransplantation bekommt, prophylaktische Medikamente, die die Entstehung einer GvHD verhindern sollen. Diese Medikamente bremsen das Immunsystem. Die Kinder erhalten ein Medikament oder eine Kombination mehrerer Medikamente.1
Da die GvHD bei Kindern ein Bruchteil der GvHD-Erkrankungen insgesamt ausmacht, gibt es viel mehr Studiendaten und Empfehlungen zur Behandlung der Erwachsenen-GvHD. Aber bei Kindern holt die Forschung auf und schafft so zunehmend neue Behandlungsmöglichkeiten.
GvHD kindgerecht erklären
Dieser Comic ermöglicht es, Kindern eine GvHD so näherzubringen, dass sie verstehen, was in ihrem Körper vor sich geht.

Behandlung einer aGvHD bei Kindern
Tritt trotz der Prophylaxe eine aGvHD auf, wird die prophylaktische Behandlung ausgeweitet. Das bedeutet, dass entweder eine erhöhte Dosis der Medikamente eingenommen werden muss oder Medikamente dazukommen. Wenn etwa die Haut nur leicht betroffen ist, reichen in manchen Fällen Cremes aus, die zum Beispiel einen Wirkstoff aus der Gruppe der Kortisonpräparate enthalten. Wenn ein schwererer Grad vorliegt oder andere Organsysteme betroffen sind, wird Kortison als Infusion verabreicht.1
Leider wirkt die Kortisonbehandlung bei etwa der Hälfte der betroffenen Kinder nicht ausreichend. Dann kommen andere Medikamente zum Einsatz, die das Immunsystem auf andere Art und Weise bremsen. Sie sind in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich – manche Medikamente lassen sich nur über die Vene verabreichen, manche werden in das Unterhautfettgewebe gespritzt, wieder andere als Tablette oder Lösung eingenommen.

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Behandlung einer cGvHD bei Kindern
Auch bei der cGvHD kommen zunächst je nach Ausprägung Kortisonpräparate als Creme oder als Infusion zum Einsatz. Etwa die Hälfte der Betroffenen spricht auch hier nicht ausreichend auf diese Behandlung der cGvHD an.5 In diesen Fällen stehen für Betroffene andere Medikamente zur Verfügung. In den meisten Fällen wird dann Kortison in Kombination mit einem oder zwei weiteren immunsuppressiven Medikamenten angewendet. Die Medikamente sind in verschiedensten Darreichungsformen erhältlich. So lässt sich die Behandlung an unterschiedliche Bedürfnisse anpassen. Kinder mit Schluckbeschwerden, die keine Tabletten schlucken können, haben die Möglichkeit, bestimmte Medikamente als Lösung einzunehmen. Außerdem gibt es Wirkstoffe als Cremes, Salben und Augentropfen, die eine direkte Anwendung ermöglichen.
Neben der zielgerechten Behandlung kommen bei der GvHD bei Bedarf unterstützende Maßnahmen zum Einsatz. Dazu gehören etwa die Bekämpfung von begleitenden Infektionen, die Behandlung von Schmerzen, Krankengymnastik, Hautpflege, die Behandlung von verhärteten Stellen an Haut und Muskeln mittels Wärme und Massagen und bei Ernährungsproblemen die Gabe von Zusatzernährung.6 Auch Sie selbst können bestimmte Maßnahmen ergreifen, um die Lebensqualität Ihres Kindes zu erhöhen.
Kinder haben eine längere Lebenserwartung als Erwachsene. Daher können sich, auch wenn die GvHD überstanden ist, Langzeitfolgen aus der Stammzelltransplantation und der GvHD entwickeln. Die intensive Chemotherapie, die einer Stammzelltransplantation vorangeht, kann beispielsweise zu einer bleibenden Unfruchtbarkeit führen. Deshalb werden die Spermien der männlichen Jugendlichen, die sich bereits in oder nach der Pubertät befinden, konserviert. Bei weiblichen Betroffenen bietet sich die Möglichkeit, Teile des Eierstockgewebes zu konservieren. Das Hormonsystem kann durch die Behandlungen ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. Bei betroffenen Kindern kann es deshalb zu Wachstumsverzögerungen kommen. Besonders wichtig ist daher, dass eine professionelle, hormonelle Nachsorge durchgeführt wird. Das bedeutet, dass regelmäßig Blut entnommen und das Kind bei Bedarf mit Hormonen behandelt wird.8

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Außerdem sind eine Stammzelltransplantation und eine GvHD-Behandlung tiefgreifende Eingriffe, und betroffene Kinder befinden sich mitunter lange in stationärer Behandlung. Für die Kinder und die Familien ist das eine Belastung, die neben den körperlichen auch psychische Folgen mit sich bringen kann.8 Wenn Ihnen und Ihrer Familie die Umstände deutliche Schwierigkeiten bereiten sollten, sollten Sie nicht zögern, neben pflegerischer Hilfe auch psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

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Vor einer allogenen Stammzelltransplantation erhalten Kinder und Jugendliche eine Hochdosis-Chemotherapie, die ihr Immunsystem vollständig zerstört. Dadurch verlieren sie ihren Impfschutz und müssen nach der Transplantation wie Säuglinge komplett neu geimpft werden. Besonders in der ersten Zeit nach der Transplantation sind sie in Gemeinschaftseinrichtungen einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt, weshalb ein möglichst früher und umfassender Impfschutz wichtig ist.9
Bis dieser aufgebaut ist, sollten auch enge Kontaktpersonen und Haushaltsmitglieder vollständig geimpft sein, um Ansteckungen zu vermeiden. Impfungen mit Totimpfstoffen sind frühestens sechs Monate, solche mit Lebendimpfstoffen frühestens 24 Monate nach der Transplantation möglich – abhängig von der Erholung des Immunsystems. Entscheidend ist, dass ausreichend weiße Blutkörperchen und Blutplättchen vorhanden sind.9
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Vermeidung von
Infektionen
Nach einer Stammzelltransplantation ist es wichtig, sich gut vor Infektionskrankheiten zu schützen: Das Immunsystem muss sich erst wieder neu aufbauen.
Quellen:
- Carlberg V, et al. Pediatric Graft-Versus-Host-Disease. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-46952-2_9 (zuletzt aufgerufen am 05.06.2025)
- Gatza E, et al. Biol Blood Marrow Transplant. 2020 May;26(5):e101-e112.
- Haroun E, et al. Blood Rev. 2023 Jul:60:101054.
- Kinderblutkrankheiten.de. Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (GvHD). https://www.kinderblutkrankheiten.de/patienten/behandlung/stammzelltransplantation/komplikationen/gvh_krankheit/ (zuletzt aufgerufen am 05.06.2025)
- Baccelli F, et al. Bone Marrow Transplant. 2024 Feb 24;59(6):765–776.
- Onkopedia. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/graft-versus-host-erkrankung-chronisch/@@guideline/html/index.html (zuletzt aufgerufen am 05.06.2025)
- Onkopedia. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/graft-versus-host-erkrankung-akut/@@guideline/html/index.html (zuletzt aufgerufen am 05.06.2025)
- Kinderblutkrankheiten.de. Spätfolgen der Stammzelltransplantation https://www.kinderblutkrankheiten.de/patienten/behandlung/stammzelltransplantation/spaetfolgen/ (zuletzt aufgerufen am 05.06.2025)
- Kinderblutkrankheiten.de. Impfungen nach allogener Stammzelltransplantation (SZT) https://www.kinderblutkrankheiten.de/patienten/behandlung/impfungen_bei_bluterkrankungen/impfungen_nach_szt/ (zuletzt aufgerufen am 05.06.2025)